HLA-B27 – was der Laborwert bedeutet (2024)

Von, Medizinredakteurin und Biologin

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Die Abkürzung HLA-B27 steht für „Humanes-Leukozyten-Antigen B27“. Es handelt sich um ein Eiweiß (Protein) auf der Oberfläche fast aller Körperzellen – zumindest bei Menschen, die den Bauplan für dieses Protein in ihrem Erbgut tragen. Bei diesen Menschen kommen bestimmte entzündlich-rheumatische Erkrankungen gehäuft vor. Lesen Sie hier alles Wichtige über HLA-B27!

Was ist HLA-B27?

HLA-B27 zählt zu den sogenannten Humanen-Leukozyten-Antigenen (HLA), auch Histokompatibilitätsantigene (Gewebeverträglichkeitsantigene) genannt. Das sind Eiweiße auf der Oberfläche fast aller Körperzellen, die für das Immunsystem und für Abwehrreaktionen sehr wichtig sind.

Es gibt unterschiedliche Arten von HLA-Proteinen. Welche davon im Körper vorkommen, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich.

Die HLA-Variante HLA-B27 kommt in der westeuropäischen Bevölkerung eher selten vor (nur bei etwa sechs bis neun Prozent). Medizinisch interessant ist sie deshalb, weil sie oft in Verbindung mit bestimmten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen steht.

HLA-B27 lässt sich unter anderem gehäuft nachweisen bei:

  • Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew)
  • Reaktive Arthritis (ehemals Morbus Reiter)
  • Psoriasis(-Arthritis)
  • Juvenile idiopathische Arthritis
  • Morbus Crohn
  • Bestimmte Augenentzündungen, z.B. Entzündung der mittleren Augenhaut im vorderen Bereich (Uveitis anterior) oder Entzündung der Regenbogenhaut (Iritis)
  • Rheumatoide Arthritis

Menschen mit HLA-B27 können also anfälliger für solche Erkrankungen sein. Warum, weiß man derzeit noch nicht.

Genau genommen ist HLA-B27 nicht grundsätzlich mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden. Es existieren von diesem Antigen nämlich zahlreiche Unterformen (Subtypen), von denen einige das Risiko für die genannten Erkrankungen NICHT erhöhen.

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Wann bestimmt man HLA-B27?

Die Bestimmung von HLA-B27 kann sinnvoll sein, wenn der Arzt bei einem Patienten eine der oben genannten Erkrankungen vermutet – etwa aufgrund entsprechender Symptome. Die Bestimmung dient hier also als Bestätigungstest. Dieser kann beispielsweise bei Verdacht auf Morbus Bechterew hilfreich sein – besonders, wenn die Erkrankung sich noch im Frühstadium befindet oder sehr untypisch verläuft und deshalb eine Diagnose erschwert.

HLA-B27: Vererbung

Als Suchtest (Screening-Test) ist der HLA-B27-Test nicht geeignet. Das heißt: Es ist nicht sinnvoll, jemanden einfach so (ohne entsprechenden Krankheitsverdacht) auf HLA-B27 untersuchen zu lassen – etwa ein Kind, wenn ein Elternteil HLA-B27-positiv ist und Morbus Bechterew hat. Das hat zwei Gründe:

Zum einen bekommen nicht alle Träger dieses Antigens Morbus Bechterew (oder eine der anderen genannten Erkrankungen): Die Wahrscheinlichkeit, dass ein HLA-B27-positives Kind eines Bechterew-Patienten ebenfalls erkrankt, liegt Studien zufolge bei unter zehn Prozent.

Zum anderen ließe sich ein Krankheitsausbruch nach dem derzeitigen Stand der Medizin auch gar nicht verhindern. Die Kenntnis, ob ein (noch) Gesunder HLA-B27 besitzt oder nicht, hat also auch keinen praktischen Nutzen.

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Woraus wird HLA-B27 bestimmt?

Der Arzt bestimmt HLA-B27 im Blut. Es genügt dafür eine einfache Blutprobe. Für die Entnahme verwendet der Arzt ein Röhrchen, das eine geringe Menge EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure) enthält. Vermischt mit EDTA kann das Blut nicht gerinnen – das ist notwendig für die HLA-B27-Bestimmung.

Veranlasst der Arzt diese aufgrund typischer Beschwerden, zahlen in der Regel gesetzliche wie auch private Krankenkassen die HLA-B27-Test-Kosten.

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Was bedeutet es, wenn man HLA-B27-positiv ist?

Der Nachweis von HLA-B27 bedeutet allein betrachtet nicht viel. Leidet der Betreffende aber an beispielsweise rheumatischen Beschwerden, spricht ein positives HLA-B27 stark für eine tatsächliche Erkrankung.

Besonders oft tritt HLA-B27 in Verbindung mit Morbus Bechterew auf: 87 bis 95 Prozent aller Bechterew-Patienten haben in ihrem Blut HLA-B27. Symptome dieser chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankung, die hauptsächlich die Wirbelsäule betrifft, sind vor allem Rücken-, Kreuz- und Gesäßschmerzen sowie morgendlich steife Gelenke.

Auch einige Patienten mit reaktiver Arthritis, Psoriasis-Arthritis oder juveniler idiopathischer Arthritis sind HLA-B27-positiv. Anders sieht es bei rheumatoider Arthritis aus: Hier besitzt nur etwa einer von zehn Patienten HLA-B27.

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Was bedeutet es, wenn man HLA-B27-negativ ist?

Lässt sich kein HLA-B27 nachweisen, kann trotzdem eine der oben genannten Erkrankungen vorliegen. So sind etwa 30 bis 40 Prozent aller Menschen mit Psoriasis-Arthritis HLA-B27-negativ. Wenn also trotz entsprechendem Krankheitsverdacht kein HLA-B27 nachweisbar ist, wird der Arzt weitere Untersuchungen veranlassen, um die Diagnose zu sichern.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Quellen:

  • Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. Bundesverband: „FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Morbus Bechterew“, unter: www.bechterew.de (Abruf: 02.03.2020)
  • IMD Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam GbR: „Spondylarthritiden (SpA)“, unter: www.imd-berlin.de (Abruf: 02.03.2020)
  • Labor Berlin – Charité Vivantes GmbH: „HLA B27 PCR“, unter: www.laborberlin.com (Abruf: 02.03.2020)
  • Langer, H.E.: „M. Bechterew und Vererbbarkeit“, unter: www.rheuma-online.de (Abruf: 02.03.2020)
  • Manger, B. & Schulze-Koops, H.: Checkliste Rheumatologie, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2012
  • Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: „HLA-B27 PCR“, unter: www.gesundheit.gv.at (Abruf: 02.03.2020)
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 02.03.2020)
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